Leidenschaft



Herz in Unruhe

Abendstern in blauer Luft,
Berg und Wald in goldnem Duft.
Aus der Ferne Glockenhall.
Himmelsfrieden überall.
Du nur, glühend Herz, allein
Willst nicht still und friedlich sein.

Lass dem Herzen seine Glut,
Seinen Schlag, ob alles ruht,
Wenn es kalt wird und erschlafft
Stirbt die Liebe, stirbt die Kraft.
Göttliches wird nur erlebt,
Wo mit Kraft die Liebe strebt.

Friedrich von Heyden


An Laura

Ewig starr an deinem Mund zu hangen,
Wer enthüllt mir dieses Glutverlangen?
Wer die Wollust, deinen Hauch zu trinken,
In dein Wesen, wenn sich Blicke winken,
Sterbend zu versinken?

Fliehen nicht, wie ohne Widerstreben
Sklaven an den Sieger sich ergeben,
Meine Geister hin im Augenblicke,
Stürmend über meines Lebens Brücke,
Wenn ich dich erblicke?

Sprich! warum entlaufen sie dem Meister?
Suchen dort die Heimat meine Geister?
Oder finden sich getrennte Brüder,
Losgerissen von dem Band der Glieder,
Dort bei dir sich wieder?

Waren uns're Wesen schon verflochten?
War es darum, dass die Herzen pochten?
Waren wir im Strahl erlosch'ner Sonnen,
In den Tagen lang verrauschter Wonnen,
Schon in Eins zerronnen?

Ja, wir waren's! - Innig mir verbunden
Warst du in Aeonen, die verschwunden;
Meine Muse sah es auf der trüben
Tafel der Vergangenheit geschrieben
Eins mit deinem Lieben.

Und in innig fest verbund'nem Wesen,
Also hab' ich's staunend dort gelesen,
Waren wir ein Gott, ein schaffend Leben,
Und uns ward, sie herrschend zu durchweben,
Frei die Welt gegeben.

Und entgegen gossen Nektarquellen
Ewig strömend ihre Wollustwellen;
Mächtig lösten wir der Dinge Siegel,
Zu der Wahrheit lichtem Sonnenhügel
Schwang sich unser Flügel.

Weine, Laura! dieser Gott ist nimmer,
Du und ich des Gottes schöne Trümmer,
Und in uns ein unersättlich Dringen,
Das verlor'ne Wesen einzuschlingen,
Gottheit zu erschwingen.

Darum, Laura, dieses Glutverlangen,
Ewig starr an deinem mund zu hangen,
Und die Wollust deinen Hauch zu trinken,
In dein Wesen, wenn sich Blicke winken,
Sterbend zu versinken.

Darum flieh'n, wie ohne Widerstreben
Sklaven an den Sieger sich ergeben,
Meine Geister hin im Augenblicke,
Stürmend über meines Lebens Brücke,
Wenn ich dich erblicke.

Darum nur entlaufen sie dem Meister,
Ihre Heimat suchen meine Geister,
Losgerafft vom Kettenband der Glieder,
Küssen sich die lang getrennten Brüder
Wiederkennend wieder.

Und auch du - da mich dein Auge spähte,
Was verriet der Wangen Purpurröte?
Floh'n wir nicht, als wären wir verwandter,
Freudig, wie zur Heimat ein Verbannter,
Glühend aneinander?

Friedrich von Schiller


Ruhe in der Geliebten

So lass mich sitzen ohne Ende,
So lass mich sitzen für und für!
Leg deine beiden frommen Hände
Auf die erhitzte Stirne mir!
Auf meinen Knien, zu deinen Füßen,
Da lass mich ruhn in trunkner Lust;
Lass mich das Auge selig schließen
In deinem Arm, an deiner Brust!

Lass es mich öffnen nur dem Schimmer,
Der deines wunderbar erhellt;
In dem ich raste nun für immer,
O du mein Leben, meine Welt!
Lass es mich öffnen nur der Träne,
Die brennend heiß sich ihm entringt;
Die hell und lustig, eh ich's wähne,
Durch die geschlossne Wimper springt!

So bin ich fromm, so bin ich stille,
So bin ich sanft, so bin ich gut.
Ich habe dich - das ist die Fülle,
Ich habe dich - mein Wünschen ruht;
Dein Arm ist meiner Unrast Wiege,
Vom Mohn der Liebe süß umglüht;
Und jeder deiner Atemzüge
Haucht mir ins Herz ein Schlummerlied.

Und jeder ist für mich ein Leben!
Ha, so zu rasten Tag für Tag!
Zu lauschen so mit sel'gem Beben
Auf unsrer Herzen Wechselschlag;
In unsrer Liebe Nacht versunken,
Sind wir entflohn aus Welt und Zeit:
Wir ruhn und träumen, wir sind trunken
In seliger Verschollenheit.

Ferdinand Freiligrath


Ein Seufzer

Sollt' ich dich missen,
Dich nicht mehr sehn,
Bald wärs um alle
Freude geschehn.
Wo du nur bist,
Da ist mein Leben,
An deiner Brust,
All meine Lust! -
Lass mich in Tränen,
Bangen und beben,
Alles ist selig,
Sterben ist selig
An deiner Brust!

Helmine von Chezy


Ja, es ist ein wunderbares Leben

Ja, es ist ein wunderbares Leben,
Das in dir, durch dich mir aufgegangen!
Unbezwinglich nach dem Glückverlangen,
Tiefster Demut freudig Sichbegeben!
Aus dem Strahle deiner Augensterne
Möchte' ich trinken ew'ger Lebens Fluten.
Ach und möchte doch nicht minder gerne,
Du Geliebter! dir im Arm verbluten!

Mich mit süßem Liebesband umstrickend,
Hast du an die Erde mich gekettet,
Und dem Himmel hast du mich gerettet,
Seine Ahnung tief in's Herz mir blickend.
Gleich gilt's wie die Zukunft sich gestaltet,
Ob mein Auge lächelt oder weinet:
Eine Welt hast du in mir entfaltet,
Die den Himmel mit der Erde einet!

Betty Paoli


So halt ich endlich dich umfangen

So halt ich endlich dich umfangen,
In süßes Schweigen starb das Wort,
Und meine trunknen Lippen hangen
An deinen Lippen fort und fort.

Was nur das Glück vermag zu geben,
In selger Fülle ist es mein:
Ich habe dich, geliebtes Leben:
Was braucht es mehr, als dich allein!

O decke jetzt des Schicksals Wille
Mit Macht die Welt und ihre Zier,
Und nur dein Auge schwebte stille,
Ein blauer Himmel, über mir.

Emanuel Geibel


Wohl lag ich einst in Gram und Schmerz

Wohl lag ich einst in Gram und Schmerz,
Da weint' ich Nacht und Tag;
Nun wein' ich wieder, weil mein Herz
Sein Glück nicht fassen mag.

Mir ist's, als trüg' ich in der Brust
Das ganze Himmelreich -
O höchstes Leid, o höchste Lust,
Wie seid ihr euch so gleich!

Emanuel Geibel


Nichts kommt in des Lebens Reiche

Nichts kommt in des Lebens Reiche
Nahe jener Lust,
Die mich fasst, schmieg' ich die bleiche
Stirn an deine Brust!
Die mein Innerstes erschüttert,

Wenn dein Blick mich grüßt,
Todselig mich durchzittert,
Wenn dein Mund mich küsst! -

Wie sie magisch mich umweben,
Blick und Hauch und Wort!
Ja! du küssest mir das Leben
Von der Lippe fort!
Du zerbrichst des Körpers Schranke,
Dass die Seele, frei,
Nichts mehr als nur ein Gedanke
Reinster Liebe sei!

Betty Paoli


Durchs Korn gehen warme Gassen

Durchs Korn gehen warme Gassen,
Mohnblumen trunken drohen
Und feurig nach dir fassen.

Die Ähr' schwillt heiß und hager.
In Halmen, himmelhohen,
Baut uns die Lieb' ein Lager.

Wo Lerchen drüber stehen,
Wenn wir wie Kornbrand lohen,
Wie Mohn durchs Feuer gehen.

Max Dauthendey


Weihe

Ich l i e b e diese Form, die dich entzückt!
Die weiße Brust, an der dein Haupt gelegen,
Und diesen Nacken, den dein Arm umschlang.
Seit deines Kusses Wonne mich durchdrang,
Liegts über mir wie ein geheimer Segen,
Ein Frühlingsglanz, der meine Glieder schmückt!

Ich liebe dieser Augen lichter Schein,
Seit sie, zwei Sterne, über dir gestanden,
Und dieser Stimme warmen, vollen Klang,
Die deine Sehnsucht einst zur Ruhe sang!
Der Mund ist süß, den deine Lippen fanden,
Und diese Seele heilig, seit sie dein!

Die Liebe hebt mich über mich empor,
Daß ich mich selbst wie etwas fremdes sehe,
Und meine Schönheit trage wie ein Kleid,
Wie einen Schmuck, der deinem Dienst geweiht:
Der Sonne gleich, lockt deine liebe Nähe
Mich aus mir selbst sehnsuchtsvoll hervor!

Anna Ritter


Es schlief mein Mund

Es schlief mein Mund, vom Schmerz bewacht,
Du kamst und küßtest ihn zur Nacht,
Da wacht' er auf - nun wehe mir:
Wie lechzt und dürstet er nach dir!

Ergebenheit und stiller Sinn
Und Schlaf und Ruh - wo sind sie hin?
Ein Feuer glüht mir neu im Blut ...
So weiß ich wohl, wie Liebe tut!

Anna Ritter