Verliebt
Ist es noch dieselbe Erde,
Die mein flücht'ger Fuß berührt,
Oder hat ein neues "Werde!"
Neue Wunder hier vollführt?
Strahlte mir der alte Himmel
Schon mit diesem lichten Blau,
Und der Blumen bunt Gewimmel,
Schmückt' es stets so reich die Au'?
Zogen mir der Stunden Kreise
Immer so im Flug dahin,
Und entfaltete sich leise
Längst ein Eden meinem Sinn? -
Nein, ich bin wie aufgewachet
Aus dem tiefen langen Traum,
Und die Welt, die um mich lachet,
Wahrlich, ich kenn' sie kaum.
Und seit wann dies neue Leben,
Das so wonnig mich durchdringt
Und mit nie gefühltem Beben,
Zitternd, fest das Herz umschlingt? -
Weiß ich, wer die Wunder spendet? -
Träumend, sinnend steh' ich da;
Doch ich glaub', es ward vollendet,
Als - ich ihm ins Auge sah.
Ida Gräfin Hahn-Hahn
Was im Netze? Schau einmal!
Aber ich bin bange:
Greif' ich einen süßen Aal?
Greif' ich eine Schlange?
Lieb' ist blinde
Fischerin;
Sagt dem Kinde,
Wo greift's hin?
Schon schnellt mir's in Händen!
Ach Jammer! o Lust!
Mit Schmiegen und Wenden
Mir schlüpft's an die Brust.
Es beißt sich, o Wunder!
Mir keck durch die Haut,
Schießt 's Herze hinunter!
O Liebe, mir graut!
Was tun, was beginnen?
Das schaurige Ding,
Es schnalzet da drinnen,
Es legt sich im Ring.
Gift muss ich haben!
Hier schleicht es herum,
Tut wonniglich graben
Und bringt mich noch um!
Eduard Mörike
Wieder hab' ich ihn geschauet,
Zu dem stets das Herz mich zieht,
Dem die Seele ganz vertrauet,
Dem der Fuß doch scheu entflieht,
Meine Augen aufzuschlagen,
Wenn in seiner Näh' ich bin,
Mag ich Arme nimmer wagen;
Doch - ein flücht'ger Blick reicht hin.
Denn wer einmal ihn gesehen,
Der vergisst ihn nimmermehr,
Und wohin ich möge gehen,
Schwebt sein Bild rund um mich her.
Seine Augen seh' ich immer
Mild und klar wie Sternenlicht,
Und ich denk', der Liebe Schimmer
Ist's, der himmlisch sie durchbricht.
Seine schönen Stirne Strahlen,
Wie Kristall so rein, so hell! -
Wollte man die Hoheit malen,
Schöpfte man an diesem Quell.
Wenn es geht, - der Seele Schwingen
Heben leicht und stolz den Gang,
Wenn er spricht, - die Worte klingen
Von des innern Wohllauts Klang.
Doch die süßen Lippen stören
Aus den Träumen mich heraus; -
Möchte' ein Wort von ihnen hören,
Und - sie sprechen's doch nicht aus.
Ida Gräfin Hahn-Hahn
Über Wipfel und Saaten
In den Glanz hinein -
Wer mag sie erraten,
Wer holte sie ein?
Gedanken sich wiegen,
Die Nacht ist verschwiegen,
Gedanken sind frei,
Errät es nur eine,
Wer an sie gedacht,
Beim Rauschen der Haine,
Wenn niemand mehr wacht,
Als die Wolken, die fliegen -
Mein Lieb ist verschwiegen
Und schön wie die Nacht.
Joseph Freiherr von Eichendorff
Du meiner Seele schönster Traum!
Du meiner schönsten Träume Seele!
Du Herz, dem ich mein Heil befehle!
Du Heil, wie ich es ahnte kaum!
Du meines Lebens schönstes Lied!
Du schönes Leben meiner Lieder!
Aus Lied und Leben klingen wieder,
Was deine Liebe mir beschied.
Du meines Lenzes Blüt' und Duft!
Du Lenz, dem reich mein Herz erblühet!
Du Stern, der mir am Himmel glühet,
Mein Himmel du voll Glanz und Luft!
O lass um deine Stirne gern
Der liebe Glorie mich weben,
Mein Himmel du, mein Lenz, mein Leben!
Mein Heil, o du mein Lied, mein Stern!
Peter Cornelius
Hat dich die Liebe berührt,
Still unter dem lärmenden Volke.
Gehst du in goldener Wolke,
Sicher vom Gotte geführt
Nur wie verloren umher
Lässest die Blicke du wandern,
Gönnst ihre Freude den andern,
Trägst nur nach einem Begehr.
Schau in dich selbst verzückt,
Möchtest du hehlen vergebens,
Dass nun die Krone des Lebens
Strahlend die Stirne dir schmückt.
Paul Heyse
Eine Silberlichtspur folgt dem Kahn
In der stillen Nacht auf seiner Bahn -
So ließ dein Erscheinen eine helle
Spur in meines Lebens dunkler Welle.
Jene Spur, die in den Wassern ruht,
Wird verschwinden mit der nächsten Flut;
Doch die schöne Lichtspur im Gemüte
Tilgt fürs Leben keines Sturms Gewüte.
Alfred Meißner
O wende nicht den scheuen Blick,
Und fleuch nicht zag und bange,
Kehr zum Balkone keck zurück
Und lausche meinem Sange.
Vergeblich Mühn, mir zu entfliehn,
Ich blase ruhig weiter,
Da werden meine Melodien
Zur wundersamen Leiter.
Auf der Akkorde Sprossen schwingt
Die Lieb empor sich leise,
Durch Schloss und Riegel zu dir klingt
Dann wiederum die Weise:
O wende nicht den scheuen Blick
Und fleuch nicht zag und bange,
Kehr zum Balkone keck zurück
Und lausche meinem Sange.
Joseph Viktor von Scheffel
Ach, wenn du wärst mein eigen,
Wie lieb sollst du mir sein,
Wie wollt ich tief im Herzen,
Nur hegen dich allein,
Und alle Wonn und alles Glück
Mir schöpfen nur aus deinem Blick.
Ach, wenn du wärst mein eigen,
Wie wär die Welt dann schön,
Es bliebe nichts zu wünschen,
Als stets dich anzusehn;
Und ganz versunken in mein Glück
Erhiehlt' die Welt nicht einen Blick!
Ach, wenn du wärst mein eigen,
Wie würd ich dann so gut;
Auf deine Hoheit stützte
Ich meinen schwachen Mut.
Mein höchster Lohn, mein höchstes Glück
Erglänze mir in deinem Blick.
Ach, wenn du wärst mein eigen,
Wie schien mir hold der Tod,
Er träfe uns zusammen;
Und gleich dem Abendrot
Wär er der Schluss des Tags voll Glück,
Verzehrend süß, ein Liebesblick.
Ach, wenn du wärst mein eigen,
Bis einst mein Auge bricht,
So würde ich droben sagen:
"Ich lass ihn ewig nicht.
Im Himmel selbst ohn ihn kein Glück,"
Das ist mein Trost, mein Hoffnungsblick.
Ida Gräfin Hahn-Hahn
O zarte Sehnsucht, süßes Hoffen,
Der ersten Liebe goldne Zeit!
Das Auge sieht den Himmel offen,
Es schwelgt das Herz in Seligkeit.
O dass sie ewig grünen bliebe,
Die schöne Zeit der jungen Liebe.
Friedrich von Schiller
Rumpeldipum,
Prinz Amor geht um,
Vorm Aug eine Binden,
Kann doch jede finden.
Hat die Rosenbecken
Geplündert und Stecken
Aus Rosenzweigen gemacht mit Spitzen,
Die nun in den Herzen der Mädchen sitzen.
Rum .. pum .. pum.
Otto Julius Bierbaum
Es ist ein Glück zu wissen, daß du bist,
Von dir zu träumen hohe Wonne ist,
Nach dir sich sehnen macht zum Traum die Zeit,
Bei dir zu sein, ist ganze Seligkeit.
Otto Julius Bierbaum
Ich habe Dir so viel zu sagen,
Ich glaub' nicht, daß mein Leben reicht,
Das Leben, das nach kurzen Tagen
Dem großen Todesschweigen weicht.
Mein Lied soll mir nie sterben gehen,
Sein Leben niemals ihm entflieht.
Wenn Herz und Atem still mir stehen,
Mein Lied noch singend vor Dir kniet.
Max Dauthendey
Dein Blondhaar Dir goldschwere Kränze flicht,
Die Spiegel trinken verliebt Dein Gesicht.
Gern würde Dein Spiegel zur silbernen Wolke
Und zeigt Dich blendend dem Volke.
Es sinken Dir sanft von den Hüften die Seiden,
Doch nie wollen je sich die Augen entkleiden;
Sie bleiben beide im Abgrund versteckt,
Bei dem ich gerne schliefe, unerschreckt
Von der tötenden Tiefe.
Max Dauthendey
Ich bin so glücklich von Deinen Küssen,
Daß alle Dinge es spüren müssen.
Mein Herz in wogender Brust mir liegt,
Wie sich ein Kahn im Schilfe wiegt.
Und fällt auch Regen heut ohne Ende,
Es regnet Blumen in meine Hände.
Die Stund', die so durchs Zimmer geht,
Auf keiner Uhr als Ziffer steht;
Die Uhr zeigt heute keine Zeit,
Sie deutet hinaus in die Ewigkeit.
Max Dauthendey
Wann wird die Sonne, die ich meine,
An meinem Himmel leuchtend stehn?
Nach mir mit gnadenreichem Scheine,
Nach mir und keinem andern sehn?
Wann wird der Mond, von dem ich träume,
Mit seinem milden kühlen Licht
Durch meine bunten Blütenträume
Hell strahlen mir in's Angesicht?
Wann wird der Stern, der immer weilende,
Das Morgenrot, das immer eilende,
Ein Tag, der immer heiter lacht,
Aufgehn in meines Lebens Nacht?
Wann wird der Freud' und Hoffnung Widerschein,
O sag mir an, wann wirst du selber mein?
Hoffmann von Fallersleben
Wie die Wolke nach der Sonne
Voll Verlangen irrt und bangt,
Und durchglüht von Himmelswonne
Sterbend ihr am Busen hangt;
Wie die Sonnenblume richtet
Nach der Sonn' ihr Angesicht
Und nicht eh'r auf sie verzichtet,
Bis ihr eig'nes Auge bricht;
Wie der Aar auf Wolkenpfade
Sehnend steigt in Himmelszelt
Und berauscht vom Sonnenbade
Blind zur Erde niederfällt:
So auch muß ich schmachten, bangen,
Späh'n und trachten, dich zu sehn,
Will an deinen Blicken hangen
Und an ihrem Glanz vergehn.
Hoffmann von Fallersleben
Sie kommt in diese stillen Gründe;
Ich wag es heut mit kühnem Mut,
Was soll ich beben vor dem Kinde,
Das niemand was zuleide tut?
Es grüßen alle sie so gerne;
Ich geh vorbei und wag es nicht,
Und zu den allerschönsten Sterne
Erheb ich nie mein Angesicht.
Die Blumen, die nach ihr sich beugen,
Die Vögel mit dem Lustgesang,
Sie dürfen Liebe ihr bezeugen;
Warum ist mir allein so bang?
Dem Himmel hab ich oft geklaget
In langen Nächten bitterlich,
Und habe nie vor ihr gewaget,
Das eine Wort: "Ich liebe dich!"
Ich will mich lagern unterm Baume,
Da wandelt täglich sie vorbei;
Dann will ich reden als im Traume,
Wie sie mein süßes Leben sei.
Ich will . . . O wehe! Welcher Schrecken!
Sie kommt heran, sie wird mich sehn;
Ich will mich in den Busch verstecken,
Da seh ich sie vorübergehn.
Ludwig Uhland
Wo ich bin, fern und nah,
Stehen zwei Augen da,
Dunkelhell,
Blitzesschnell,
Schimmernd wie Felsenquell,
Schattenumkränzt.
Wer in die Sonne sieht,
Weiß es, wie mir geschieht;
Schließt er das Auge sein,
Schwarz und klein,
Sieht er zwei Pünktelein,
Überall vor sich.
So auch mir immerdar
Zeigt sich dieses Augenpaar,
Wachend in Busch und Feld,
Nachts, wenn mich Schlaf befällt;
Nichts in der ganzen Welt
Hüllt es mir ein.
Gerne beschrieb ich sie,
Doch ihr verstündet's nie,
Tag und Nacht,
Ernst, der lacht,
Wassers- und Feuersmacht
Sind hier in Eins gebracht,
Lächeln mich an.
Abends, wenn's dämmert noch,
Steig' ich vier Treppen hoch,
Poche ans Tor,
Streckt sich ein Hälslein vor;
Wangen rund,
Purpurmund,
Prächtig Haar,
Stirne klar,
Drunter mein Augenpaar!
Franz Grillparzer
Ich trag' ein glückseliges Geheimnis
Mit mir herum,
Ich möchts allen Leuten vertrauen
Und bleib' doch stumm!
Ach, jubeln möchte' ich und singen,
Von früh bis spät -
Und rege nur heimlich die Lippen,
Wie zum Gebet!
Anna Ritter
Ob mein Mund auch dürfte nimmer
Liebesworte zu dir wagen,
Dürft' ich nur der Blicke Schimmer,
Dürft' ich deine Augen fragen.
Dir in Augen möchte ich lesen,
Forschen, wie in heil'gen Sagen,
Ob auf Sternen du gewesen
Eh' die Erde dich getragen?
Ach, ein Wort schafft hohe Wonne
Und ein Wort kann Wunden schlagen;
Lass aus deiner Augen Sonne
Nicht die Lippe mich verjagen.
Nie wird Eden leuchtend helle,
Nie mir deine Seele tragen;
Lass mich lauschen an der Schwelle,
Lass mich deine Augen fragen!
Peter Cornelius
Das war der süßeste der Laute!
Sie sprach's, das erste Liebeswort;
Im Herzen nun trag ich das traute
Tiefselige Geheimnis fort.
Allein, wo berg' ich meine Wonne,
Daß ich sie wohl behüten mag?
Dein Licht verhülle, läst'ge Sonne!
Verstumme, lärmbewegter Tag!
Weltfern sei meines Glückes Fülle
Begraben, wo sie nichts verrät
Und nurdurch Nacht und heil'ge Stille
Des süßen Wortes Nachhall weht.
Friedrich von Schack
Über'n Garten durch die Lüfte
Hört' ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängt's schon an zu blühn.
Jauchzen möchte' ich, möchte weinen,
Ist mir's doch, als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.
Und der Mond, die Sterne sagen's,
Und in Träumen rauscht's der Hain,
Und die Nachtigallen schlagen's:
"Sie ist deine, sie ist dein!"
Joseph Freiherr von Eichendorff
Wolle keiner mich fragen,
Warum mein Herz so schlägt.
Ich kann's nicht fassen, nicht sagen,
Was mich bewegt.
Als wie im Träume schwanken
Trunken die Sinne mir,
Alle meine Gedanken
Sind nur bei dir.
Ich hab die Welt vergessen,
Seit ich dein Auge gesehn.
Ich möchte dich an mich pressen
Und still im Kuß vergehn.
Mein Leben möchte' ich lassen
Um ein Lächeln von dir
Und du - ich kann's nicht fassen,
Versagst es mir.
Ist's Schicksal, ist's dein Wille,
Du siehst mich nicht -
Nun wein' ich stille, stille,
Bis mir das Herz zerbricht.
Emanuel Geibel